Die Gefahren der ‚to go‘-Mentalität: Warum langsamer besser ist
Wir leben in einer Welt, in der alles immer schneller gehen muss. Kaffee gibt es to go, Essen wird in Pappschalen serviert, und selbst das Leben scheint in einem ständigen Vorbeiziehen von Momenten stattzufinden. Doch was bedeutet das eigentlich für uns – individuell und gesellschaftlich?
Der Rhythmus der Geschwindigkeit
Die moderne Welt ist auf Effizienz getrimmt. Zeit ist Geld, und das Streben nach Produktivität durchdringt jeden Bereich unseres Alltags. Wir nehmen unser Frühstück auf dem Weg zur Arbeit ein, telefonieren beim Gehen und hören Podcasts während des Joggens. Multitasking ist zur Norm geworden, und die Erwartung, alles gleichzeitig zu erledigen, setzt uns unter Druck.
Doch dieses ständige „Unterwegssein“ führt oft dazu, dass wir Momente nicht mehr wirklich erleben. Der Kaffee schmeckt anders, wenn wir ihn in Eile trinken. Das Essen verliert an Genuss, wenn wir es nebenbei konsumieren. Wir verpassen die Nuancen des Lebens, weil unser Fokus auf dem nächsten Termin, der nächsten Aufgabe oder dem nächsten Ziel liegt.


Die Illusion der Zeitersparnis
Es scheint so, als würde die „to go“-Mentalität uns helfen, Zeit zu sparen. Doch in Wahrheit verlieren wir dabei mehr als wir gewinnen. Wir sparen Minuten ein, verlieren aber an Präsenz. Wir erledigen Aufgaben schneller, fühlen uns aber zunehmend leerer. Denn Zeit ist nicht nur eine Ressource, die optimiert werden kann – sie ist das Leben selbst.
Wenn wir ständig in Eile sind, verpassen wir die Möglichkeit, tief durchzuatmen, mit Menschen in echten Kontakt zu treten und unsere Umgebung bewusst wahrzunehmen. Wir verlieren die Fähigkeit, einfach nur zu sein, ohne etwas leisten zu müssen.
Achtsamkeit als Gegenmittel
Achtsamkeit bedeutet, bewusst im Moment zu sein. Es bedeutet, den Kaffee nicht nur zu trinken, sondern ihn zu schmecken. Es bedeutet, das Essen nicht nur zu konsumieren, sondern es zu genießen. Es bedeutet, das Leben nicht nur als eine Abfolge von Aufgaben zu sehen, sondern als eine Erfahrung, die in jedem Augenblick stattfindet.
Eine einfache Möglichkeit, sich dem „to go“-Modus bewusst zu entziehen, ist es, kleine Rituale der Entschleunigung in den Alltag zu integrieren. Ein bewusster Spaziergang ohne Ablenkung. Eine Mahlzeit ohne Bildschirm. Ein Gespräch ohne Eile. All das sind kleine Akte der Rebellion gegen den Druck der Geschwindigkeit.
Fazit: Mehr Sein statt Eilen
Die Frage ist nicht, ob „to go“ per se schlecht ist. Vielmehr sollten wir uns fragen, wann es sinnvoll ist und wann es uns schadet. Manchmal ist es praktisch, einen schnellen Kaffee auf dem Weg zu trinken. Aber wenn das zur Norm wird, verlieren wir das Gespür für das, was wirklich zählt.
Das Leben passiert nicht irgendwann – es passiert jetzt. Die Frage ist: Wollen wir es hastig durchlaufen oder es in seiner Tiefe erleben?


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